Tellerlinsen und Berglinsen im Test: Gesund und klimafreundlich?

Magazin Februar 2024: Orangensaft | Autor: Annette Dohrmann/Lena Wenzel/Franziska Blaum | Kategorie: Essen und Trinken | 19.02.2024

Wir haben Berglinsen und Tellerlinsen im Labor untersuchen lassen.
Foto: ÖKO-TEST

Linsen gelten als ideal für eine abwechslungsreiche, pflanzenbasierte Küche. Darüber hinaus sind sie reich an Eiweiß und Ballaststoffen. Aber sind sie tatsächlich so gut wie ihr Ruf? Wir haben Berglinsen und Tellerlinsen unter die Lupe genommen.

  • Linsen bieten viele Vorteile: Sie sind klimafreundlich, gesund, fettarm und reich an ungesättigten Fettsäuren, Eiweiß, Ballaststoffen sowie Mineralstoffen.
  • Wir haben Berglinsen und Tellerlinsen von 20 Anbietern getestet; 14 Produkte stammen aus ökologischem Anbau.
  • In der Kritik stehen vor allem Rückstände des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. Wir sind zudem auf Mineralölrückstände gestoßen. 

Vom Arme-Leute-Essen zum Star einer pflanzenbetonten, klimafreundlichen und zukunftsfähigen Küche: Linsen haben Karriere gemacht. Und das absolut zu Recht: Die kleinen Hülsenfrüchte sind gesund, fettarm, dafür reich an ungesättigten Fettsäuren, Eiweiß, Ballaststoffen und Mineralstoffen und damit auch eine ideale Nährstoffquelle für Veggies und alle, die ihren Fleischkonsum reduzieren wollen.

Außerdem sind Linsen echte Klimaschützer: Denn der Anbau von Leguminosen, zu denen neben Linsen auch Kichererbsen, Erbsen, Bohnen, Lupinen und Sojabohnen gehören, sorgt für mehr Artenvielfalt auf den Äckern, mindert Treibhausgasemissionen und spart synthetische Düngemittel ein, da Leguminosen Stickstoff aus der Luft im Boden binden und die Pflanzen damit versorgen.

Der Unterschied zwischen Berglinsen und Tellerlinsen

Weltweit gibt es rund 80 Linsensorten – wir haben uns in diesem Test für Berglinsen und Tellerlinsen entschieden, weil sie hierzulande häufig im Topf und auf den Tellern landen. Beide Sorten sind ungeschält, schmecken aromatisch und leicht nussig und unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Konsistenz:

  • Während Berglinsen beim Kochen ihre Form behalten, platzt bei Tellerlinsen die Schale auf und setzt den sämigweichen Kern frei – sie eignen sich daher bestens als Einlage für Suppen, deftige Eintöpfe oder für Brotaufstriche.
  • Die kernigeren Berglinsen dagegen sind ideal für Salate oder als Keimlinge. Durch das Keimen kann der Körper die vielen wertvollen Nährstoffe noch besser aufnehmen.  
Für eine vielseitige, pflanzenbasierte Ernährung sind Linsen optimal.
Für eine vielseitige, pflanzenbasierte Ernährung sind Linsen optimal. (Foto: Angelika Heine/Shutterstock)

In einigen Linsen stecken Mineralölrückstände

Trotz aller positiven Eigenschaften und so einiger Produkte mit Bestnote in diesem Test gibt es aus unserer Sicht an einigen Marken etwas zu mäkeln – und das ist keineswegs eine Frage des Geschmacks. So sind wir einmal auf Gehalte an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH/MOSH-Analoge) gestoßen, die wir kritisieren. Zwölf weitere Linsen enthalten Spuren.

Zur Erklärung: Die Mineralölbestandteile reichern sich im Körper an und stellen dort die wohl größte Verunreinigung dar. Welche Folgen das hat, ist bisher völlig unklar. MOSH können aus Verpackungen, von Erntemaschinen oder während der Verarbeitung auf die Berglinsen und Tellerlinsen übergehen.  

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Glyphosat in Berglinsen und Tellerlinsen gefunden

Wenig rosig sieht es mit Blick auf das Pestizidscreening aus: In vier Packungen konventioneller Linsen und in einem Bio-Produkt wies das Labor Rückstände des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat nach. Wir ordnen das kürzlich in der EU für weitere zehn Jahre zugelassene Herbizid als besonders bedenklich ein und werten es auch in Spurengehalten ab.

Denn Glyphosat verursacht – einmal in die Umwelt gelangt – gravierende Schäden im Boden, im Wasser und an Nützlingen und trägt maßgeblich zum Artensterben bei. Die WHO-Krebsforschungsagentur IARC stufte den Wirkstoff zudem als wahrscheinlich krebserregend ein. Andere Behörden wie die Europäische Chemikalienagentur sehen keinen Krebsverdacht.

Ballaststoffgehalt ist nicht immer deklariert

Zugegeben, unser nächster Kritikpunkt ist Nörgeln auf hohem Niveau – und betrifft nicht die getestesten Berglinsen und Tellerlinsen an sich, sondern die Deklaration. Teils fehlt auf der Verpackung die Angabe des Ballaststoffgehalts. Das ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, doch wir sind der Ansicht, dass der Ballaststoffgehalt als wertgebende Information für Verbraucherinnen und Verbraucher von vornherein in die Nährwerttabelle gehört.

Zumal sich die Gehalte zwischen 4,8 und 28 Gramm pro 100 Gramm Linsen deutlich unterscheiden. Hier eine Übersicht der Ballaststoffgehalte der Produkte im Test: 

  • Alnatura Bio Tellerlinsen: 28 Gramm pro 100 Gramm
  • Edeka Bio Berglinsen: 14 Gramm pro 100 Gramm
  • Bio Sonne Bio-Berglinsen braun: 4,8 Gramm pro 100 Gramm
  • Rapunzel Troja Teller-Linsen: 13 Gramm pro 100 Gramm
  • Müller's Mühle Teller Linsen: 6 Gramm pro 100 Gramm
  • K-Bio Berglinsen: 14 Gramm pro 100 Gramm
  • Rewe Bio Berglinsen: 11 Gramm pro 100 Gramm
  • Bio Bio Berglinsen ungeschält: 14 Gramm pro 100 Gramm
  • Gut Bio Berglinsen: 4,8 Gramm pro 100 Gramm
  • Rossmann Ener Bio Berglinsen: 11 Gramm pro 100 Gramm
  • Dennree Braune Bio-Berglinsen ganz getrocknet: 11 Gramm pro 100 Gramm
  • Tegut Tellerlinsen: 17 Gramm pro 100 Gramm
  • Seeberger Linsen: 17 Gramm pro 100 Gramm
  • TRS Brown Lentils: 18 Gramm pro 100 Gramm
  • Davert Gourmet Bio Berglinsen: 17 Gramm pro 100 Gramm
  • Morgenland Bio Berglinsen, Getrocknet: 15 Gramm pro 100 Gramm
  • Dm Bio Berglinsen: 14 Gramm pro 100 Gramm
  • Antersdorfer Bio Braune Linsen: 17 Gramm pro 100 Gramm
  • Wurzener Feine Linsen: 18 Gramm pro 100 Gramm
  • Suntat Grüne Linsen: 19 Gramm pro 100 Gramm
  • Palatina Tellerlinsen: 17 Gramm pro 100 Gramm

Tellerlinsen und Berglinsen als Oberbegriffe 

Die Ballaststoffgehalte haben höchstwahrscheinlich deshalb so eine große Bandbreite, weil es sich bei Teller- und Berglinsen jeweils um Ober- bzw. Sammelbegriffe für verschiedene Linsensorten handelt. Und die unterscheiden sich nach Größe, Anbauhöhe, Farbe, Boden und anderen Eigenschaften.

So werden zum Beispiel als Berglinsen alle Linsensorten bezeichnet, die in bergigen Regionen angebaut werden/wachsen. Bei der Bezeichnung "Linsen" handelt es sich also nicht um ein identisches Produkt.

Gute Nachrichten aus dem Linsen-Test 

Positiv fällt auf, dass die Labore keine Rückstände von Begasungsmitteln gefunden haben, mit denen Schiffscontainer für den Transport von Hülsenfrüchten, Ölsaaten oder Gewürzen oft behandelt werden, um Schädlingsbefall vorzubeugen.

Auch die gemessenen Gehalte von Schwermetallen wie Cadmium, Blei und Nickel oder dem giftigen Halbmetall Arsen, das bei Reis häufig ein erhebliches Problem ist, geben in diesem Test keinen Anlass für gesundheitliche Bedenken.

Linsen kochen: Worauf es ankommt 

Wann soll man Linsen salzen? 

Seit Generationen hält sich der Rat, Linsen erst nach dem Kochen zu salzen, da sie sonst nicht gar würden. Das Gegenteil ist der Fall: Salz im Kochwasser lässt Linsen schneller garen, macht sie aromatischer und verhindert, dass die Mineralstoffe auslaugen. Säure wie Essig allerdings erst nach dem Kochen hinzufügen.

Linsen einweichen oder nicht?

Linsen müssen nicht unbedingt eingeweicht werden, allerdings verkürzt das die Kochzeit erheblich und erhöht die Bioverfügbarkeit von Mineralstoffen und Spurenelementen.

Linsen lassen sich auf diverse Arten einsetzen, zum Beispiel in einem Linsensalat.
Linsen lassen sich auf diverse Arten einsetzen, zum Beispiel in einem Linsensalat. (Foto: Yuliia Kononenko/Shutterstock)

Sollte man Linsen vor dem Kochen waschen? 

Ja. Um mögliche Verunreinigungen wie kleine Steinchen zu entfernen, sollte man die Linsen vor dem Kochen gründlich unter fließendem Wasser abspülen. 

Was passt gut zu Linsen?

Kartoffeln oder Getreide ergänzen das Aminosäureprofil von Linsen optimal. Zusammen haben sie eine sehr hohe biologische Wertigkeit.  

Linsen, Bohnen, Erbsen ...

... verursachen oft Blähungen. Leichter verdaulich werden Hülsenfrüchte durch Gewürze und Kräuter wie Anis, (Kreuz-)Kümmel, Fenchelsamen, Majoran oder Bohnenkraut. Auch Einweichen reduziert das Blähpotenzial – das Einweichwasser wegschütten.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Im Test sind Teller- und Berglinsen von 20 Anbietern, 14 der Produkte stammen aus ökologischem Anbau. Wir haben die Linsen in (Bio-)Supermärkten, Discountern und Drogeriemärkten eingekauft – zu Preisen zwischen 1,65 und 3,49 Euro für 500 Gramm.

Viele der Marken loben einen hohen Eiweiß- und Ballaststoffgehalt aus. Ob diese Angaben mit den Anforderungen der EU-Health-Claims-Verordnung übereinstimmen, haben wir anhand der Nährwertdeklaration überprüft. Als glutenfrei ausgelobte Produkte dürfen nicht mehr als 20 Milligramm pro Kilogramm Gluten enthalten. Das haben wir von einem Labor überprüfen lassen: Die Auslobung war in allen Fällen in Ordnung.

Ebenfalls im Testportfolio: Mineralölbestandteile wie MOSH und MOAH, die aus der Verpackung, während der Ernte oder bei der Verarbeitung auf die Linsen übergehen können; Schwermetalle wie Cadmium, Nickel und Blei sowie das giftige Halbmetall Arsen, die aus dem Boden oder der Luft über die Pflanzen in die Nahrungskette gelangen. Darüber hinaus hat ein von uns beauftragtes Labor alle Linsen im Test einem Pestizidscreening unterzogen sowie auf Rückstände von Begasungs- und Reinigungsmitteln untersucht, die beim Transport der Ware in Schiffscontainern zum Einsatz kommen.

Zwei Produkte im Test stecken in einer Papierhülle. Die Plastikverpackungen der anderen Linsen ließen wir auf umweltschädliche chlorierte Verbindungen überprüfen.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

MOSH/MOSH-Analoge beinhalten gegebenenfalls auch POSH (Polyolefin Oligomeric Saturated Hydrocarbons) und PAO (Poly Alpha Olefins).

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um zwei Noten: ein gemessener Gehalt an MOSH/ MOSH-Analogen der Kettenlängen von C17 bis C35 von mehr als 2 bis 4 mg/kg (in der Tabelle: "erhöht"). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein bis zwei als besonders bedenklich eingestufte Pestizide in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg. Als besonders bedenklich werden Pestizide eingestuft, wenn sie beim Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) gelistet sind (Stand: März 2021; in Gruppe 2 oder Gruppe 3 als bienentoxisch oder sehr bioakkumulierend und sehr persistent in Wasser, Böden oder Sedimenten) oder nach EU-Datenbank oder CLP-Verordnung (ECHA) als vermutlich kanzerogen oder reproduktionstoxisch eingestuft sind, hier: Glyphosat; b) zwei bis sechs in Spuren nachgewiesene Pestizide.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: ein gemessener Gehalt von mehr als 0,01 mg/kg eines Pestizids (hier: Glyphosat) in einem Bio-Produkt. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung; b) keine Angabe des Ballaststoffgehalts in der Nährwertdeklaration auf der Verpackung. Eine Angabe ist rechtlich nicht verpflichtend, kann dem Verbraucher jedoch eine wertgebende Information über die Linsen geben. Steht bei konkret benannten Analysenergebnissen "nein", bedeutet das unterhalb der Bestimmungsgrenze oder Nachweisgrenze der jeweiligen Testmethode.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Testmethoden 

Begasungsmittel: HSGC-MS
Elemente: DIN EN 15763: 2010-04 mod. nach Aufschluss (Die Modifikation betrifft die Erweiterung der Analyten auf Nickel).
Gliadin/ Gluten: ELISA
Glyphosat/ AMPA/ Glufosinat: LC-MS/MS.
Mineralöl (MOSH/MOAH): DIN EN 16995: 2017-08 mod. (Die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix)
Pestizide: DIN EN 15662 : 2018-07 (LC-MS/MS und GC-MS/MS).
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Weitere Inhaltsstoffe: per Deklaration.

Einkauf der Testprodukte: November 2023 

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